Pauschalreise stornieren: Volle Erstattung jetzt auch ohne Reisewarnung?

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Ein aktuelles Urteil bestätigt, dass Urlauber, die ihre Pauschalreise im Frühjahr aufgrund der Corona-Pandemie storniert haben, den vollen Reisepreis zurückverlangen können. Das gilt auch dann, wenn zum Stornierungszeitpunkt keine Reisewarnung für das Zielland vorlag. Doch ergibt sich aus dieser Entscheidung eine generelle Stornierungs-Erleichterung?

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Auch ohne Reisewarnung, könnten stornierte Pauschalreisen erstattet werden. Quelle: Shutterstock.com

AG Frankfurt bestätigt Stornierung gegen volle Reisepreiserstattung

In einem vor wenigen Tagen veröffentlichten Urteil (Az.: 32 C 2136/20) legte das Amtsgericht Frankfurt fest, dass Reiseveranstalter Kunden, die ihre Reise aus Angst vor einer Corona-Infektion storniert hatten, unter Umständen der volle Reisepreis erstattet werden muss. Das gilt selbst dann, wenn für das Reiseziel zum Stornierungszeitpunkt keine Reisewarnung vorlag.

Das Besondere daran: Üblicherweise müssen die Veranstalter den vollen Pauschalreisepreis nur dann erstatten, wenn zum angestrebten Reisezeitpunkt eine Reisewarnung für das Zielgebiet vorliegt. Andernfalls kann der Urlauber aus Angst vor dem Coronavirus zwar stornieren – den Reisepreis bekommt er dann aber nur abzüglich einer Stornierungsgebühr erstattet.

Das Amtsgericht Frankfurt wendete sich von dieser Stornierungspraxis jetzt allerdings ab. Es bestätigte nämlich, dass einem Kläger, der im März 2020 eine Reise nach Süditalien storniert hatte, der volle Reisepreis erstattet werden muss. Das ist bemerkenswert, da zu diesem Zeitpunkt noch keine offizielle Reisewarnung für die Region vorlag.

Das Gericht führte dazu aus, dass aufgrund der besonderen Umstände keine zu strengen Ansprüche an den Reiserücktritt zu stellen sein. Das solle zumindest dann gelten, wenn außergewöhnliche und unvermeidbaren Umstände vorlägen. Seien diese gegeben, müsse der Reiseveranstalter auch ohne Reisewarnung den vollen Reisepreis erstatten.

Können alle Urlauber Pauschalreisen ohne Stornokosten absagen?

Trotz des Frankfurter Urteils berechtigt die Angst vor Corona nicht in jedem Fall zur kostenlosen Kündigung des Reisevertrags. Zwar macht das Amtsgericht klar, dass für eine kostenfreie Stornierung nicht zwingend eine Reisewarnung vorliegen muss – es fordert aber dennoch Kündigungsgründe, die über die bloße Angst vor dem Virus hinausgehen.

Das bedeutet: Zwar muss zum Zeitpunkt der Reiseabsage keine Reisewarnung vorliegen – dennoch muss am Reiseziel aber eine belegbar hohe Wahrscheinlichkeit der Virusausbreitung gegeben sein. Dass sich die schlechte Prognose bewahrheitet, ist allerdings nicht erforderlich.

Zahlt die Reiserücktrittsversicherung bei Stornierungen aus Corona-Angst?

Will der Reiseveranstalter die Reisekosten nicht in vollem Umfang zurückerstatten, übernimmt die Reiserücktrittsversicherung üblicherweise die anfallenden Stornogebühren. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Urlauber die Reise aus versichertem Grund nicht antreten kann. Als versicherter Rücktrittsgrund gilt dabei etwa plötzliche Arbeitslosigkeit oder eine schwere Erkrankung. Die Angst vor einer Corona-Infektion stellt hingegen keinen versicherten Rücktrittsgrund dar.

Allerdings ist eine Reiserücktrittsversicherung gerade jetzt dennoch sinnvoll. Zwar springt sie bei Nichtvorliegen einer Reisewarnung und Stornierung aus Sorge vor einer Ansteckung nicht ein. Nichtsdestotrotz übernimmt sie Zusatzkosten aber dann, wenn er Urlauber seine Reise aufgrund einer Corona-Infektion nicht antreten kann. Das gilt zumindest dann, wenn in den Versicherungsbedingungen Krankheiten, die mit einer Pandemie zusammenhängen, nicht ausgeschlossen sind.